Töne erfahren

Vom musikalische Umgang mit der Leier
von Elisabeth Gärtner, Musikpädagogin und Eurhythmistin


Strichzeichnung
Leier spielendes Kind geordnet, daß die darüber glei-
tenden Hände in ihrer Ab-
wärtsbewegung, also den
Füßen zu, ein dunkles, voll-
klingendes und warmes Klang-
bild ergeben und umgekehrt in
der aufwärtsgerichteten Ge-
genbewegung, also dem
Kopf zu, Töne erzeugen die
eher licht und kühl, knapp und
streng oder glitzernd und ver-
fließend wirken. Beim model-
lierenden Anschlag der Saiten
ist eine aus zuerst tropfenarti-
gem Gebilde sich herauslösen-
de Bewegung und Verwand-
lung zu belauschen, wie eine
sich öffnende Lichblüte (hohe
Tonlage) oder ein Wärmeman-
tel (tiefe Tonlage). Diese spe-
zielle Klangeigenart der Leier
wird als ein heilend-lösender
Wohllaut empfunden.

Wechselspiel der Hände

So wie wir beim Atmen in
ständigem Wechsel jeden Luft-
strom zuerst festhalten, um
ihn dann wieder befreit loszu-
lassen, so sollten wir das Auf
und Ab, Hoch und Tief in
natürlichem Wechsel ent-
spannt auf die Spielweise über-
tragen. Musik macht leicht! Sie
überwindet die Schwere der
Körperhaftigkeit. Dieses Pha-
nomen kann in jedem der er-
zeugten Töne erlebt werden.
Indem nen beide Hände (auch
die linke Hand voll mit dem
Daumen) sich im Spielen be-
gegnen, wobei die Linke außer
den chromatischen auch die
vorne liegenden Ganztöne von
hinten her anschlägt, kann ein
nahtlos strömend - dynami-
sches Spiel bewirkt werden.
Die sich begegnenden Hände
können im Gegeneinander, im
Echo sich bestätigend oder
durchdringend, inspirierend auf die
Melodiegestaltung

Musik als inneres Erlebnis

Eine kleine überschaubare
Tonfolge von 2 - 3 Tönen mit
der rechten Hand gespielt,
von Ton zu Ton über den ge-
samten Saitenumfang ab-
wärts, kann jeweils mit der
Linken fortgesetzt werden zu
einem 4 - 6 tönigem Gebilde
und durch Takt, Rythmus und
sogar Vertauschung der Ton-
folge in neue Meldodie formen
verwandelt werden. Damit er-
wacht Freude und Aufmerk-
samkeit hinsichtlich der gros-
sen Vielfalt des musikalischen
Geschehens. Die Leier ermög-
licht wegen der geringen An-
forderungen an die Spieltech-
nik, die nie abgesondert vom
musikalischen Erleben exer-
ziert werden sollte, eine volle
Hingabe als besondere Vertie-
fung und Verinnerlichung des
Musikerlebens. Die auch im
Sinne einer Meditation.

Einmal alles
Musikwissen
weglassen und
unbefangen wie ein
Kind zu musizieren
beginnen.

Wie es sich empfiehlt, die
Leier zu spielen...

Schon von dem organisch-be-
wegten Formstil der Leier kön-
nen wir entnehmen welch le-
bendige Impulse von diesem
originellen Instrument ausge-
hen müssen. Um diese Leben-
digkeit nun erfahren zu können,
sollte man jedoch im Umgang
mit der Leier zunächst einmal
alles Musikwissen beiseite las-
sen und unbefangen wie ein
Kind zu musizieren beginnen.
Es sollte sich in uns die Bereit-
schaft ausbreiten, sich ohne je-
de Ablenkung und Wertung
ganz auf die hervorzurufenden
Klänge einzulassen, mit ihnen
zu verschmelzen und sie auszu-
kosten.

Klangmetamorphosen

Beim Musizieren hält man die
Leier aufrecht im linken Arm.
Ihre Besaitung ist, analog der
menschlichen Gestalt, so an-

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